Mit Österreichs höchstgelegenem Skigebiet ist der Pitztaler Gletscher für die ersten Schwünge im Schnee prädestiniert. Besonders spannend wird es aber, wenn nicht nur an der weißen Oberfläche gecarvt wird, sondern im Rahmen einer Gletscherwanderung ein Blick in das leider gar nicht mehr ewige Eis ermöglicht wird.
GLETSCHERREGIONEN sind das ideale Terrain, um in den Skiwinter zu starten. Gerade an solchen Bilderbuchtagen, wie sie die erste Novemberhälfte bot. Bilderbuchtage natürlich nur für all die Menschen, die aus den urbanen Nebelsuppen Mitteleuropas auftauchen dürfen. Der Pitztaler Gletscher ist als Österreichs höchstgelegenes Skigebiet in diesem Sinne der optimale Startpunkt in eine hoffentlich auch in tieferen Lagen bald schneereiche Saison. Das Naturerlebnis findet seinen Höhepunkt auf der Plattform vor dem Café 3.440 der Gipfelstation Der Blick schweift dabei über Österreichs zweithöchstem Berg, die Wildspitze (3.768 m). Einige Tourengeher ziehen die riskante Spur über den Taschachferner, um die wenigen hundert Höhenmeter zum Gipfel zu absolvieren.
Sicherer ist es, im Skigebiet zu verbleiben. Selbst wenn ein kleiner Felssturz als Steinlawine anfangs noch eine Piste blockierte, kann der kurze Abschnitt seit 10. November einfach umfahren werden. Daher ist die obere Sektion der Mittelbergbahn seither wieder geöffnet. Zehn Tage bevor der SKI GUIDE AUSTRIA 2025 in den Buchhandel kam, erwies sich als idealer Zeitpunkt, die Probe aufs Exempel zu machen: Geht’s noch? Wie immer zeigt sich, das skilose Halbjahr wirkt sich eher konditionell als technisch aus. Die fehlende Puste macht sich jenseits der 3000 Grenze dafür bemerkbar. Immerhin geht es hier meist steil los, ehe die Abfahrten – typisch Gletscher – eher flach auslaufen. Schwierig kann es trotzdem sein, denn angesichts der ewigen Schönwetterlage waren die Pisten knallhart. Dies sehr zur Begeisterung der Unmengen von Skiteams, die im Flaggenwald trainierten (siehe Foto). Deutschland, Italien, Japan, USA und zahlreiche osteuropäische Mannschaften waren vertreten. Superstars wie Henrik Kristoffersen pausierten am publikumsreichen Wochenende, bereiteten sich aber unter der Woche hier auf den ersten Weltcupslalom in Lappland vor.
NICHT NUR AUF DER PISTE ist der Pitztaler Gletscher ein Erlebnis. Wobei es „den” Pitztaler Gletscher eigentlich gar nicht gibt. Erschlossen ist hauptsächlich der Mittelberggletscher, gefahren wird aber heute ohnehin auf Pisten, die nur zum geringeren Teil auf Gletschereis präpariert sind. Wie sich das Terrain verändert hat, wird am Nachmittag bewusst, wenn eine Gletscherwanderung angesagt ist. Die erste Viertelstunde ist es im Vorwinter eine „Da-war-mal- Gletscher”-Wanderung über graue Moränen. Unvorstellbar, dass hier vor vier Jahrzehnten ein Gletscherlift zum Sommerskilauf stand. Heute sind nur mehr einige Toteis-Reste unter dem Stein vorhanden. Wir erreichten hinter dem erfahrenen Führer dann einen der Gletscher. Seine Stärke war an einer Gletschermühle zu sehen, in die sich zwei Mädchen gut 20 Meter in die Tiefe abseilen ließen. Wir wanderten ans Ende des Gletschers. Dort war auch der Zugang ins Gletschertor niedriger als noch im Frühjahr, verriet unser Guide. Ebenso, dass das Ziel der Gletscherwanderung des Vorjahrs heute gar nicht mehr existiert. Noch 44 Jahre soll es im Gebiet des Pitztaler Gletscherskigebiets Eisflächen geben, prognostiziert die Wissenschaft. Das machte den beiden einheimischen 13-Jährigen Mädels Anika und Theresa mehr Kummer, als ihnen die Abseilaktion in die Gletschermühle Angst. Sie kam lachend neben dem Gletscherabfluss unter der leuchtend blauen Eisdecke hervor. Es ist wahrlich kaum vorstellbar, dass diese Gletscherwelt in wenigen Jahrzehnten Geschichte sein wird (die Fotos zeigen die beiden Mädchen und Bilder aus dem spektakulären, leider gar nicht mehr so ewigen Eis).
DOCH DER RÜCKGANG des Gletschers reduziert die Freuden eines Winterurlaubs im Pitztal nur perspektivisch. Das Skigebiet des Pitztaler Gletschers und das unmittelbar daneben liegende, bis auf 2.800 Meter reichende Skigebiet Rifflsee sind aufgrund der langen Saison und begeisternder Pistenvielfalt ein absoluter Tipp für Skifreaks, die – entsprechende Schneelage vorausgesetzt – am besten mit einem Skiguide auch die spektakuläre Tourenabfahrt durch das Taschachtal in Angriff nehmen können. Zusätzlich gibt es mit dem weiten Rund des Hochzeiger-Skigebiets bei Jerzens im Pitztal im Winter eine ebenfalls schneesichere und abwechslungsreiche Region, wo 54 Pistenkilometer durch neun Liftanlagen erschlossen sind.
Weitere Informationen dazu gibt es beim Tourismusverband unter Tel.: +43 (0)54 14 / 86 999 oder bei der Gletscherbahn unter Tel.: +43 (0)54 13 / 86 288.