Im intimen Rahmen einer Expertentagung versammelte sich eine illustre Runde zum „BarCamp” hoch oben am Wildkogel. Es wurde ein vollgepackter Tag, bei dem die entscheidende Frage von allen Seiten beleuchtet wurde: Wie bringt man Kinder in den Schnee? Weil wenn sie einmal auf den Geschmack gekommen sind, bringt man sie meist ein Leben lang nicht mehr davon weg.

Die Startzeit von Wolfgang Eders SNOW.KIDS.SUMMIT by MOUNTAIN.EXCELLENCE war 10:00 Uhr – und so war die Gelegenheit gegeben, der Theorie die Praxis voranzustellen. Denn der Wildkogel hatte Ende März eine Überraschung parat: 20 Zentimeter Neuschnee. So gab’s die fast unversperrte schwarze Abfahrt zum Aufwärmen. Damit man weiß wovon man redet.

Was in den Diskussionen behandelt wurde, kann hier nur punktuell angedeutet werden. So präsentierte der umtriebige Berater Mike Partel das gesponserte Ski-Lern-Programm für 3- bis 5-Jährige „Kids on Ski”. Seine Fakten: 1960 gab es in Europa 200 Mio. Menschen unter 17 Jahren, heute sind es zwei Drittel davon. Die wenigsten würden Skifahren bei Kursen und in Top-Skigebieten lernen, sondern die meisten am Dorflift und von den Eltern. Die Möglichkeiten werden weniger, deshalb sein Programm, bei dem das Kind kostenlos Skifahren erlernt. Die erste Pilotgruppe von 6 Orten in drei Ländern wurde bereits auf 11 Orte in vier Ländern erweitert. Ziel seien 20 Skigebiete als Partner. Das Gesamtbudget liege derzeit bei 300.000 Euro. Thomas Woldrich, im ÖSV für Breitensport verantwortlich, präsentierte die vom ÖSV organisierten Kinderschneetage, bei denen in einzelnen Regionen 100 Volksschulkinder eingeladen werden. „Future:Focus:Ski&Snowboardsport” dient wiederum dazu, um Medienberichten qualifiziert begegnen zu können. Ziel sei ein Freiluft-Bewegungsgesetz, in dem Unterricht in der Natur im Sommer und Winter im Lehrplan fix verankert ist. „So etwas gibt es in anderen Ländern”, weiß Woldrich.

Martin Dolezal von der Snowsport Academy mit Sitz in Wien engagiert sich intensiv, den Schnee zu den Kindern zu bringen. Oder zumindest den Schneeersatz in Form von Kunststoff- und Roll-Skipisten. „Urban Skiing” ist in Österreich unterschätzt, ebenso wie Skihallen. Dass nun, wie zu hören war, ein niederländisches Unternehmen in Wien eine Skihalle machen könnte, ist da fast schon eine Ironie. Ob Stockholm oder Oslo, in Skandinavien scheuten sich lokale Firmen nicht vor diesem Schritt. Mit Unterstützung der Stadt Wien kann man nun wenigsten auf Kunststoff auf der Hohen-Wand-Wiese fahren. Im ersten Jahr erfreuten sich 1600 Kinder daran, dieses Jahr schon über 3000. „Es stimmt nicht, das Migrantenkinder kein Interesse am Skifahren hätten”, verwies Dolezal auf eine Erfahrung aus diesen urbanen Skitagen.

Es gab aber auch interessante Statements vom Bayrischen (260.000 Mitglieder!) und Deutschen Skiverband zu hören, die ebenfalls aktiv die Kinder zum Schneesport animieren. Marco Cerny, Projektleitung Schulsportwochen, verwies einmal mehr auf die 100 Euro unbürokratische Soforthilfe, die Kinder in Österreich von unterstützungswürdigen Familien innerhalb von drei Tagen erhalten können. Die meisten Anträge kamen bei Skikurskosten von 401 bis 450 Euro. „Es gibt einige Schulen in Wien, die nur dank der Unterstützung die Schulsportwochen wieder durchführen”, sagt er. Bisher wurden über 1000 Kinder unterstützt, 55 % davon im Winter. Positiv vermerkte Cerny, dass die Rettung der Schulskikurse nun auch im Regierungsprogramm zu finden sei.

Aber wie kann man die Kinder vor Ort dann bei der Stange halten? Dazu hatte Ursula Weixlbaumer-Norz, Kids & Fun Consulting, jede Menge Tipps zu bieten. Einige Statements aus ihrer aktuellen Forschung: 13-18 Jährige wollen wieder reale Erlebnisse haben. Trends seien heute auch „Healthy Heroes” als Vorbilder. Jedenfalls wollen 16-Jährige heute mit ihren Eltern auf Urlaub fahren. Das Rebellentum komme nicht mehr an.

Was ist den Kindern unter 14 im Urlaub wichtig? Spaß und Unterhaltung, seit Corona auch gutes Essen. Unerwartet ist, dass drei Viertel Corona durchaus als gute Zeit erlebten, weil die Eltern mehr Zeit hatten. Im Urlaub wollen Mütter wollen mehr in die Natur als deren Kinder. Buben wollen Sport, Wettstreit, Konkurrenz. Mädchen suchen Gemeinsamkeit und das Kreative. Was nach Vorurteilen klingt, sei durch Umfragen gut abgesichert. Kinder seien generell Freizeitkonsumenten, nicht Freizeitgestalter. Geht es um Vorschulkinder, dann wollen sie Sachen, weil sie schön sind. Kleine Kinder sind Spielplatzkinder, lieben es bunt, zeichnen und spielen. Die Tourismuswerbung würde ganz viel im Marketing nur an diese Kindergruppe denken, während die 8- bis 12-Jährigen kaum angesprochen werden. Diese seien die Entdeckerkinder. Und selbst Teenager wollen noch animiert werden. Im Winter gehe es ums Skifahren, wobei die Abschlussrennen Mädchen kaum begeistern. Auch im Schneesport gibt es Helden, empfiehlt die Beraterin nicht auf Vorbilder zu vergessen. Wobei diese durchaus Computerspielen entspringen können. Auch über TikTok-Influencer könne man die Jugend für den Skisport abholen

Einmal in Kontakt mit der Skipiste gekommen, ist die Begeisterung meist da. Der Skisport siecht aktuell jedenfalls nicht dahin. So ist es schön Bernhard Gruber, Geschäftsführer der gastgebenden Wildkogel Bergbahnen, zu zitieren: „In Bezug auf Umsatz und Eintritte konnten wir diesen Winter unsere Rekorde pulverisieren. Ob das mit dem Ertrag auch so ist, werden erst die letzten Saisonwochen zeigen.” Den Erfolg seiner Bergbahnen verbindet er – neben einer stark wachsenden Sommersaison – auch mit seit Corona gewandelten Bedürfnissen: „Wir haben als relativ kleines Skigebiet einen Schub erhalten, denn die Größe ist nicht mehr das entscheidende Element, sondern Preis-Leistungs-Verhältnis und Schneesicherheit sind nun im Vordergrund.” Dass die Zuwächse auch viel mit dem kinderfreundlichen Auftritt des Wildkogels zu tun haben, bestätigte die Geschäftsführerin des örtlichen Tourismusverbandes Neukirchen-Bramberg, Ingrid Maier-Schöppl: „Auch wenn wir als Nationalparkgemeinde viel mehr bieten, das Geld verdienen wir mit Skifahren. Und für 40 Prozent unserer Übernachtungen sorgen Kinder und Jugendliche!” Oder wie es ein örtlicher Skilehrer ausdrückte: „Wenn wir die Kinder nicht begeistern können, kommen die Eltern auch nicht mehr.“