Wenn Männer bügeln - Kraft für den Halt, Chemie fürs Tempo

von Redaktion ‎ 12/04/2021
Ausrüstung
Wenn Männer bügeln - Kraft für den Halt, Chemie fürs Tempo

WACHSELN UND KANTEN SCHLEIFEN gehören zusammen. Denn irgendwann kommt der Moment, wo das beste Sportgerät gegenüber Lenkerin oder Lenker in Streik tritt. Nichts geht mehr. Spätestens dann ist der Augenblick gekommen, die Ursachen zuerst bei sich – und dann im Zustand des Geräts zu suchen. Somit am besten wieder bei sich. Je nach Fahraufkommen ist es sinnvoll, einmal pro Jahr die Gerätschaft, seien es Alpin-, Langlaufski oder Snowboards, einer professionellen Generalsanierung zu unterziehen. Das schließt Reinigung, Auftragen von Heißwachs, Abziehen, Ausbürsten und einen zünftigen Kantenschliff mit ein. Dieses Rundumservice besorgen in Shops sagenhaft teure Maschinen in einem einzigen Arbeitsgang. Das Ergebnis wird den Ansprüchen überwiegend gerecht.  Der Lohn auf der Piste: reduzierte Anstrengung, geringere Verletzungsgefahr. Diese Argumente gelten für jede Form des Ski- oder Boardservices. Es reicht aber nicht, nur einmal pro Jahr Ski zu wachseln. Wer Fahrspaß sucht, sollte vor jedem Wintersportwochenende tätig werden. Für gutes Gelingen braucht es nicht eine Techniker- und  Chemikerausbildung. Wobei sich Bastler gerne der Angebote aus dem Internet bedienen. Oft können hier zu einem Bruchteil des Preises Chemiebaukästen erworben werden, die den Entwicklungen renommierter Unternehmen kaum nachstehen. Auskennen sollte man sich halt. Für alle anderen haben zahlreiche Firmen abgestimmte  Pflegeprogramme entwickelt. Neben der Chemie enthalten diese meist die Hardware: Skispanner für den Halt, Wachseisen, Poliertücher, Abziehklingen, Bürsten – darunter auch runde Speedbürsten, die auf den Bohrmaschinen-Aufsatz gesteckt werden können, und unterschiedlichste Feilen für die Kanten. 

100% BIOLOGISCH ABBAUBAR. Nachdem Flur-Wachse demnächst verboten sind, intensiviert sich die Suche nach den umweltverträglichen Alternativen. Glide Nano ist eine italienische Erfindung: Nicht nur bio, sondern auch 5x  widerstandsfähiger und mit 40% weniger Reibung. Dafür gabs den ISPO-BrandNew-Award 2020. Während die in Folge angeführten Schritte für Snowboards und Alpinski vergleichbar sind, fällt beim Langlauf logischerweise der Kantenschliff flach. Eine gänzlich andere Methode ist beim Wachsen des Classic-Langlaufskis nötig, da hier die Abstoßzone mit Haftwachs versehen wird. Dieses kommt entweder in Form von Grip- (bei Neuschnee, Pulverschnee)  oder Klisterwachs zum Einsatz. Gerade bei widrigen Witterungsbedingungen kann es aber in jedem Fall hilfreich sein, ein „Handwachs“ im Anorak dabei zu haben. Die Lauffläche wird einfach damit eingerieben und poliert. Perfektionisten werden noch eine Minibürste in der anderen Tasche haben. Die Sache funktioniert aber auch ohne.

TIPPS FÜR DEN SUPER SPEED

SCHRITT 1+2
Zu Winterbeginn den Ski von altem Wachs befreien, indem man es mit der Kunststoffklinge in geraden, gleichmäßigen Zügen abzieht. Verhärtungen in der Kante mit einem Kantenbearbeitungsgerät beziehungsweise mit einem Aluoxidstein entfernen. Ebenso kann mit dem Aluoxidstein eventueller Rost von der Skikante geschliffen werden.
SCHRITT 3
Schleifen der Kanten: Der Gratwinkel kann je nach Lieblingspiste und Fahrkönnen variieren. Im Allgemeinen wird ein Winkel zwischen 88 und 87 Grad eingestellt. Als Faustregel gilt: Je deutlicher die Abweichung vom rechten Winkel,  desto bissiger der Ski (oder das Board). Aber dafür muss auch rascher nachgeschliffen werden.
SCHRITT 4
Mit einem Schleifgummi die extrem scharfe Kante im vorderen und im hinteren Bereich leicht entschärfen. So wird ein Verschneiden der Ski beim Fahren vermieden. 
SCHRITT 5
Vor dem Wachsen muss der Skibelag mit einer Bürste gereinigt werden. Alternativ oder besser ergänzend können hier auch spezielle Reinigungsprodukte zur Belagsreinigung verwendet werden, die das Altwachs aufnehmen. 
SCHRITT 6
Jetzt geht es ans eigentliche Wachseln. Holmenkol empfiehlt, das NaturalWax Bar aufzutragen – das erste biologisch abbaubare Skiwachs der Welt. Die vier neuen Spezialwachse der Natural-Serie sind aber nicht nur ökogerecht,  sondern machen auch den Belag schneller als ihre Vorgänger. Damit das wirklich funktioniert, muss beim Auftragen auf eine ausreichende Wachsschicht geachtet werden. Nur so wird das Verbrennen des Belages beim Einbügeln  verhindert. 
SCHRITT 7
Das Wachseisen in langsamer Geschwindigkeit stetig über den Belag ziehen. Nicht von oben drücken. Die ideale Gleitrichtung ist von vorne nach hinten. Schwebt das Eisen förmlich über den Belag, dann sind Temperatur und Wachsschicht ausreichend. Härteres Wachs – in der Regel für kälteren Schnee – erfordert eine höhere Temperatur des Eisens. 
SCHRITT 8

Nach Erkalten des Wachses mit einer Plexiglasklinge abziehen. Wachs befindet sich nie an der Oberfläche des Skis, sondern immer im Inneren des Skibelages. Zwar gibt es auch Metallklingen für den „Amateur“, die Kunststoffklingen sind aber risikoärmer – und sicher kein Fehler. Nicht übersehen sollte man, dass auch die Seitenwangen von Wachstropfen befreit werden müssen. 
SCHRITT 9
Im letzten Arbeitsschritt wird der Belag ausgebürstet. Durch gleichmäßige Züge parallel zur Fahrtrichtung wird mit einer Kupferbürste die Belagstruktur freigelegt. Selbstverständlich gibt es auch andere Bürsten, etwa aus Stahl, die jedoch meist mehr Erfahrung verlangen. Nylonbürsten dienen zum Polieren der Laufflächen. Für einen besonders schnellen Ski kann der Belag noch mit fluorreichem Speedwachs versehen und poliert werden.