Auf ins Abenteuer eigener Skiproduktion - Mit Wiener Start-up zum individuellen Edelbrettl

von Redaktion ‎ 12/11/2023
Ausrüstung
Auf ins Abenteuer eigener Skiproduktion - Mit Wiener Start-up zum individuellen Edelbrettl

Auf ins Abenteuer eigener Skiproduktion - Mit Wiener Start-up zum individuellen Edelbrettl

Das Abenteuer ist die Reise – an deren Ende steht ein Partner, auf den man abfährt. Der erste Teil dieses Satzes stammt von Dominic Haffner, seines Zeichens Eigner und Seele der Ski-Manufaktur Ünique. Hier werden Ski produziert, deren einzige gemeinsame Eigenschaft „hochwertig“ ist. Individuelle Stücke, die sich am Fahrstil und den Erwartungen des Skifahrers orientieren. „Handgeschnitzt“ wäre trotz der Holzoberfläche die falsche Formulierung, denn drinnen steckt Hightech pur.

Die Fahrkünste richtig einzuschätzen – das steht am Anfang dieser Reise, die Dominic in den vergangenen 10 Jahren schon mit 120 Skisportlern unternommen hat. Es ist sommerlich warm, der Hintertuxer Gletscher zeigt sich von seiner grauen, schneefreien Seite. Exakt zehn Fahrten kratzen wir über die Piste, mit insgesamt vier unterschiedlichen Skiern, darunter Annemarie und Wendelin, so die Namen älterer Produkte aus der Ünique-Serie, die in Tschechien in kleiner Zahl produziert wird. Die Basis ist gelegt, denn elektronische Sensoren in den Sohlen halfen meine Fahreigenschaften zu analysieren. Noch wichtiger war der mit einer Videocam bewaffnete Schatten Dominic. Auf der mittags sonnendurchfluteten Terrasse noch ein kleiner Toast und ausreichend Gelegenheit für Ausreden, warum man gerade heute so schlecht gefahren sei: Eis, Steine, Prüfungssituation, lange nicht auf Skiern gestanden und so weiter. Insgesamt waren wenige Stunden vergangen, dann trennten sich wieder die Wege. Umso sensationeller, als wenige Tage später die gesammelte Analyse samt Schlussfolgerungen im Mailordner lagen.

Die Videos und Fotos habe ich mir noch einmal angesehen und und ich finde, dass Du einen sehr schönen, ruhigen Fahrstil hast. Besonders Deine enge Beinstellung und Dein sauberer und klassischer Stil haben mir gefallen. Positiv ist mir auch die starke Hoch-Tiefbewegung aufgefallen, womit Du Deinen Ski zwar einiges an Arbeit abnimmst, aber es natürlich mehr Kraft kostet. Ich habe versucht hier die Arbeit mehr in den Ski zu verlagern, sodass Du mit weniger Kraft auskommst bzw. diese Bewegung nicht so übertreiben musst. Aufgefallen ist mir auch eine leichte Rücklage bei Deinem Schwung, was ich durch die Bindungsposition in Kombination mit der Aussenkontur des Skis und dem Flex minimieren werde. Ich habe daher Deinen Ski so konzipiert, dass er Dich ein wenig zentraler über den Ski stellt, damit Du insgesamt ein wenig Kraft sparen kannst.
Um Dir den Umstieg auf deinen neuen Boliden nicht zu schwer zu machen habe ich den Radius mit 14 m ein wenig reduziert, er dreht besser und die Mittelbreite von 85 mm für die Tage ausserhalb der Piste werden Dir mehr Auftrieb geben, sodass die Powdertage zumindest für kleine Abstecher neben der Piste ein bisschen mehr Spaß machen. Durch die gering höhere Breite stehst Du aber satter auf der Piste und es erhöht die Stabilität des Skis, was sich auch auf die Laufruhe überträgt.“

In der Werkstatt wird aus der Theorie Realität. Zwischen den manuellen Arbeiten gibt Dominic als studierter Physiker und Patentanwalt, der lange die Innovationen heimischer Skiproduzenten in Worte fasste, Einblicke in Details. So sind die Unterschiede zu Skiern aus der Fabrik wirklich markant. Der Belag ist dort 1 bis 1,2 mm dünn, während Ünique 1,8 bis 2 mm dicke Beläge verarbeitet. Gleiches gilt für die Kanten, die dann 2,2 mm erreichen. Ein Teil der Steifheit des Skis kommt von der Stahlkante. Die stärkeren Kanten machen den Ski länger haltbar, verhindern, dass er an Spannung zu rasch einbüßt. „Aber er ist nicht unkaputtbar, obwohl es noch keiner beim Fahren geschafft hat einen der angefertigten Skier zu zerstören“, sagt Dominic. „Sonst sollte ein regelmäßig präparierter Ski 100 Fahrtage überstehen, bei meinen individuell gefertigten Skiern gehe ich von zumindest 200 Skitagen aus. Auch meine ersten produzierten Ski funktionieren noch“, sagt Dominic.
Als eine der ersten Aktionen schneiden wir das Oberflächenfurnier aus. Ich habe mich für die dunkelste Variante, brasilianischer Pfeffer, entschieden. Der markante Geruch geht freilich schlussendlich leider verloren. Das Furnier wird klassisch mit dem Brandeisen gebrandet, erhält so sein Logo und den Schriftzug, während andere Aufschriften später mit dem Laser am fertigen Ski erledigt werden. Letzterer ist exakter, doch das Brandeisen unterstreicht die individuelle Note. Dann geht es an einem langen Tisch dahin. Da bleibt auch Zeit das Ambiente zu bestaunen. Ältere Modelle aus der Serienproduktion hängen an der Wand, einige museale Rennski, dazu Ünique-Auftragsproduktionen mit Oberflächen für Jägermeister oder Rapid, alte Maschinen. Dazu der Rahmen: In diesem Gebäude in Wien Fünfhaus pulsierte vor dem 2. Weltkrieg das Herz der jüdischen Gemeinde. Heute ist das Fabriksgebäude Brick-5 ein multifuktionales kulturelles Zentrum, in dem Haffner das Café Turnhalle betreibt und Veranstaltungen organisiert, in einem historischen Raum oder dem Innenhof. Wo einst der jüdische Turnverein Makabi trainierte, werden heute die Ünique-Modelle realisiert.

Jetzt wird der Ski allmählich dreidimensional. Auf den Belag werden die kunstvoll gebogenen Kanten gelegt, dazu Gummibänder die dämpfen. Es folgt die erste Schicht Flachs, dann Carbon dessen Faserung in der richtigen Richtung gelegt sein muss, sonst wird der Ski zu unruhig. Dann folgt der Holzkern, die nächste Carbonschicht, dann wieder Flachs und schließlich kommt oben das Furnier drauf. Dazwischen darf auch der Amateur fleissig mitarbeiten, wenn Schicht um Schicht mit einer nicht gerade duftenden Epoxymischung laminiert wird. Allmählich wird man eins mit dem Produkt, das vor den eigenen Augen wächst. Zum feierlichen Abschluss – allein diese Tätigkeiten haben vier Stunden beansprucht – kommen die Skier zwischen Alu und Heizmatten. Dann werden sie mühevoll angehoben und in die Presse gehievt. Auf den Millimeter genau muss alles eingepasst werden, damit Biegung und Steifheit den am Computer errechneten Daten entsprechen. Dann werden die Matten auf 45 bis 50°C erhitzt.

Es ist vollbracht, ein erhebendes Gefühl, Feierstimmung! Rund 6.000 Euro kostet der Spaß, doch Dominic weiß: Bei allen seinen Kunden treten in dem Moment, wo die Ski in der Presse waren – oder spätestens wenn sie nach mehreren Bearbeitungsgängen schleifen und polieren endlich übernommen werden konnten – die Kosten in den Hintergrund. Längst ist man eins mit seinen neuen Brettln. Was nach der Pressung noch zu erledigen wäre, sind unter anderem die Seitenwangen. Als Kontrast zum dunklen Ski haben wir uns für ein sehr selten gewähltes phosphoreszierendes Grün mit Glow in the Dark entschieden. Bei Dämmerungs- und Flutlichttouren wohl ein echter Hingucker.

Und jetzt auf die Piste! Schon die Gondelauffahrt bringt bewundernde Blicke und staunende Anfragen Interessierter, wo man denn so ein edles Stück erhält. Dann die erste Fahrt in den Morgen, der Wechsel von der Buckelpiste in den staubenden Pulver daneben – ein Traum! Wohl wahr, noch ein Traum. Denn unser Guide soll zum Leser ehe der Schnee Einzug hält. Doch im Ski Guide Austria 2025 gibts dann zu lesen, wie sich das edle Stück in Realität angefühlt hat. Aber was soll schon schiefgehen, wenn Dominic sagt: „Es geht nicht nur um Emotion. Ich versuche wissenschaftlich abgesichert einen individuellen Ski zu bauen, der mit dem geringstmöglichen Krafteinsatz den größten Spaß bringt."

Mehr Informationen unter www.unique-skis.com